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News aus dem Fachjournal "Der Wirtschaftstreuhänder"

Das WT-Fachjournal ist wahrscheinlich das wichtigste Magazin für Wirtschaftreuhänder und Steuerberater in Österreich. Es erscheint fünf Mal im Jahr – herausgegeben von VWT, der Vereinigung Österreichischer Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Anerkannte Fachleute schreiben über neue Entwicklungen und Problemstellungen aus der Branche.

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Der unvergessliche Sommer

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

ich hoffe, Sie sind gut erholt von Ihrem Urlaub zurückgekommen und konnten dem Coronavirus ausweichen bzw. ihm ein Schnippchen schlagen. So wie es aussieht, wird uns Corona noch längere Zeit beschäftigen. Wir Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sehen das wohl mit einem lachenden und einem weinenden Auge, denn die Expertise und die Unterstützung durch uns und unsere Mitarbeiter ist sehr stark gesucht. Zum einen wegen der anhaltenden Kurzarbeit und ihren Problemen im Detail, zum anderen aufgrund des Härtefall-Fonds und nunmehr vor allem aufgrund des Antrages für einen Fix-Kostenzuschuss gemäß COVID-19-Gesetz an die COFAG-Agentur.

FIXKOSTENZUSCHUSS

Im August wurde die zweite Tranche eingerichtet und bereits die weitere Fortsetzung des Fixkostenzuschusses mit einer dritten Tranche ab Mitte November angekündigt. Wir können uns als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in diesem Zusammenhang über mehr Beschäftigung freuen. Dies steht teilweise im Kontrast zur wirtschaftlichen Entwicklung von manchen unserer Klienten, die durch Umsatzeinbrüche oder kompletten Umsatzentfall vielfach vor enormen Herausforderungen stehen.

Die Zusammenarbeit mit dem Ministerium und den weiteren Behörden war doch zuletzt besser als zu Beginn der Corona- Krise, denn unsere Einwände, unsere Verbesserungsvorschläge und Ideen zur Vereinfachung der Abläufe wurden gehört und auch teilweise umgesetzt. So konnte die Maske selbst verbessert und die Aktivzeit der Eingabemaske beim Fixkostenzuschuss verlängert werden.

Dennoch ist die Frage erlaubt, wem denn eingefallen ist, dass ein Quartal am 16. März beginnt und am 15. Juni endet. Und
 
dies nicht nur für ein Quartal bzw. Monat, sondern am Ende wird diese Verschiebung vom 16. des Monats bis zum 15. des Folgemonats über das ganze Jahr gezogen werden müssen! Dieser enorme Mehraufwand für den Beobachtungszeitraum und auch für den Vergleichszeitraum des Vorjahres ist meiner Meinung nach zum Haareraufen und verbessert nicht wirklich die Qualität der Daten für die Berechnung des Fixkostenzuschusses.

Da kann man sich nur fragen, wieso für die zweite Hälfte des März nicht ein halber April oder im Tourismusbereich ein halber Februar herangezogen werden konnte. Dies wäre wesentlich einfacher ermittelbar gewesen, der Vergleich mit dem Vorjahr wäre wesentlich leichter gewesen und die Datenerfassung effizienter und kürzer.

Schlussendlich wäre ein Monatsvergleich auch leichter kontrollierbar, als nach aktuellem Stand sämtliche Monate von Mitte auf Mitte umzurechnen. Hier hat uns die Bürokratie ein Schnippchen geschlagen: Scheingenauigkeit zum Abwinken! Ich hoffe, dass es bei der Bekämpfung der Covid-19-Krise nicht auch in anderen Bereichen, z.B. im Gesundheitsbereich, ähnliche bürokratische Ansätze gab oder geben wird.

MATTERSBURG

Ein anderes Problem machte uns Wirtschaftsprüfern im Sommer wesentlich mehr Sorgen und füllte recht anständig - muss man leider feststellen - das Sommerloch der Redaktionen im Juli. Die Commerzialbank Mattersburg wurde von der FMA mit Wirkung vom 15. Juli geschlossen. Die Informationslage zu den wahren Gründen der Schließung war am Anfang meiner Meinung nach sehr dürftig, vor allem auch weil aus der Schließung rasch ein Politikum im Burgenland geworden ist, das nichts zur Klärung der Sachlage beigetragen hat.

Von verschiedenen Seiten wurde die Aufgabe der Wirtschaftsprüfer und der involvierten Behörden kritisiert und deren Notwendigkeit bzw. sachgerechte Vorgehensweise stark angezweifelt. Wie so oft wurde gleich nach „Abschaffung“ gerufen ohne den Sachverhalt im Detail zu kennen. Auch die Bereitschaft der Redaktionen mehr über die komplizierte Zuständigkeit und die Aufgabe der Wirtschaftsprüfer zu lernen, war meiner Meinung nach überschaubar.

Um die aufkommende Diskussion konstruktiv zu begleiten möchte ich aus dem Kriminalfall Commerzialbank Mattersburg drei Lehren ableiten, die meines Erachtens nach zu einer Novelle von bestimmten Regularien führen könnten.

Zum einen ist die Bankprüferrichtlinie (iwp/BA 1 bzw. BPR) zu überarbeiten. Diese Richtline für Bankprüfungen stellt sehr stark auf die Prüfung des internen Kontrollsystems der Bank ab und weniger auf den Einzelposten in der Bilanz eines Kreditinstitutes. Scheinbar wurde der Prüfungsansatz des Bankprüfers durch umfangreiche Fälschungen massiv unterlaufen. Hier müssen wir uns fragen, ob die Richtlinie noch angemessen ist, dem aktuellen Stand der ISA entspricht und nicht nachgeschärft werden muss, um auch Kriminalfälle abdecken zu können.

Ein viel wichtigerer Punkt betrifft die Organe und hier meine ich vor allem den Aufsichtsrat. Dieser ist wesentlich stärker auf seine Verpflichtung der unterjährigen Kontrolle des Vorstands hinzuweisen. Aber auch organisatorische Einheiten wie die interne Revision, die verpflichtend auch bei kleinen Banken einzurichten ist, haben bei der Commerzialbank Mattersburg ihre Kontrollfunktionen nicht wahrgenommen.

Da die Commerzialbank Mattersburg eine Aktiengesellschaft war, ist meiner Meinung nach, der Aufsichtsrat primär im Fokus. Der Aufsichtsrat muss bei einer Bank-Aktiengesellschaft wesentlich stärker eingebunden sein als es hier der Fall war. Es gibt normalerweise mehrere Ausschüsse, darunter den Kreditausschuss und den Prüfungsausschuss, die vor allem unterjährig kontrollieren müssen und auch in der Abstimmung mit der internen Revision ihre Funktion wahrnehmen. Warum diese alle nicht funktioniert haben, bleibt mir unerklärlich.

Warum die Aufsichtsräte der Commerzialbank Mattersburg keinen „fit und proper test“ machen müssen, wie sonst bei Bankaktiengesellschaften, verstehe ich ebenso nicht. Scheinbar liegt es an einer Sonderregelung für kleine von Genossenschaft gehaltenen Banken, die keine „fit und proper test“ verlangt. Diese Sonderregelung ist meiner Meinung nach abzuschaffen, da sie offensichtlich das Risiko der mangelhaften Besetzung der Aufsichtsräte von Banken erhöht.

Einen weiteren Punkt sehe ich bei der Aufsicht über die Commerzialbank Mattersburg. Warum ist der Landeshauptmann als Aufsichtsbehörde installiert und nicht die FMA, die doch – zusammen mit der OeNB - vermeintlich alle Banken lückenlos prüft? Hier sehe ich klar eine Zuständigkeit der FMA, da dort das
 
Fachwissen und die Praxiserfahrung zusammenläuft und nicht bei den diversen Landeshauptleuten, wo ich mir eine andere Expertise – aber sicher nicht im Bankenrecht - erwarte.

Als weiteren Ansatzpunkt sehe ich die Redepflicht gemäß § 273 Abs. 2 UGB. Ich meine, wir sollten überlegen, wenn der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaften oder auch einer großen GmbH nicht ordnungsgemäß tagt und scheinbar wirkungslos ist, ob wir nicht eine Redepflicht gegenüber den Gesellschaftern und auch gegenüber dem Handelsgericht ausüben sollten. Diese Regelung wäre ähnlich zur Bestimmung bei Privatstiftungen, wo der Stiftungsprüfer das Gericht über Unvereinbarkeiten des Stiftungsvorstands und Unterbesetzungen im Stiftungsvorstand informieren muss.

Bei Banken und börsennotierten Gesellschaften sollte auch Redepflicht ausgeübt werden, wenn der Aufsichtsrat nicht ordnungsgemäß bestellt ist und nicht mit allen Ausschüssen ordnungsgemäß tätig wird. Diese Redepflicht bei Banken kann ich mir auch gegenüber der FMA vorstellen, um die Zusammenarbeit mit der FMA zu stärken.

Nach einer breiteren Diskussion im Berufsstand der Wirtschaftsprüfer im Herbst dieses Jahres könnten wir mit diesen oder ähnlichen Vorschlägen an das Parlament herantreten und
- abgestimmt auch mit anderen Interessensvertretungen - hier eine Anpassung der Gesetze, vor allem aber des Bankwesengesetzes, des Genossenschaftsrevisionsgesetzes und des UGB in diese Richtung bewirken. Dieser Vorstoß ist auch eine gute Möglichkeit, das Scheinwerferlicht der Medien weg vom Abschlussprüfer hin zum Aufsichtsrat zu lenken, da dort in meinen Augen die zentrale Schwäche bei der Commerzialbank Mattersburg zu suchen ist.

Die Frage der Rotation des Abschlussprüfers bei einer Bank ist meiner Meinung nach nicht relevant im Kriminalfall Commerzialbank Mattersburg. Die Vorstöße in diese Richtung sind daher abzuwehren.

Ich hoffe, dass wir diese Krise und die gesamte Corona-Krise im Herbst dieses Jahres gut überstehen und dass es keine zweite Welle beziehungsweise - im Fall der falschen Bilanzierung - keinen dritten Fall in Österreich gibt, da wir ja auch noch den Fall Wirecard abzuarbeiten haben.

Ich hoffe, Sie stimmen mir bei meinen Überlegungen zu den Lehren aus dem Kriminalfall Commerzialbank Mattersburg zu und freue mich auch auf die Zusendung Ihrer Ideen und Vorschläge. Da im Herbst auch immer die Jahresveranstaltungen und verschiedenste Informationsveranstaltungen stattfinden, denke ich, dass wir Gelegenheit zur Diskussion und zum Gedankenaustausch haben werden. Ich freue mich auf Ihre Meinung!

Mag. Philipp Rath
Präsident der VWT

Ausgabe WT 2020-04

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