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Der wirtschaftsprüfende Beruf: Muss das Leitbild überdacht werden?

Der Wirtschaftsprüfer übt einen Freien Beruf aus.

Der Wirtschaftsprüfer ist ausgebildet, um auf Grundlage seiner besonderen fachlichen Qualifikation unter Maßgabe beruf­licher Sorgfaltspflicht, höchstpersönlicher Berufsausübung und Eigenverantwortlichkeit gegen Honorar für Auftraggeber auch im öffentlichen Interesse besondere Leistungen unab­hängig zu erbringen!

Der Wirtschaftsprüfer unterliegt der gesetzlichen Verschwie­genheitspflicht, diverser Kontrollen wie KSW, IWP, RLKG, APAB, interner und externer Qualitätskontrollen und besonderer Haf­tungskriterien.

Vom Wirtschaftsprüfer wird eine Sicherungsfunktion für die Wirtschaft, eine besondere Vertrauensstellung gegenüber dem Kapitalmarkt, den Anteilseignern und den Gläubigern, aber vor allem der interessierten Öffentlichkeit wahrgenommen.

Der Wirtschaftsprüfer ist grundsätzlich unparteiisch! Er erfüllt hohe ethische und fachliche Anforderungen und ist beeidet!

Er unterliegt einer besonderen kontinuierlichen Fortbildungs­verpflichtung und hat vor allem die Aufgabe, sich in geeig­neter Form um den Berufsnachwuchs und dessen Aus- und Fortbildung zu kümmern.

Nun sollte man meinen, dass dieses herkömmliche Berufsbild interessant und anziehend wirkt!

In Österreich ist gerade das Gegenteil der Fall! Wie aus dem Protokoll des letzten Kammertages vom 11. Juni 2018 dem Bericht des Präsidenten zu entnehmen ist, betrug die Anzahl der Wirtschaftsprüfer an natürlichen Personen zum 1. Juni 2018 1.938. Diese Zahl ist gegenüber dem Vorjahr im Jahresvergleich um zwei Wirtschaftsprüfer weniger (oder ein Minus von 0,1%).

In meinem Leitartikel im WT Fachjournal 03/2017, Seite 187, habe ich die Stagnation bei der Anzahl der Wirtschaftsprüfer beklagt (Die Zeichen deuten nichts Gutes! Die Mitgliederanzahl des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer stagniert nach wie vor). Ein Jahr später – also zum 1. Juni 2018 – kön­nen wir nicht mehr von Stagnation sprechen, sondern bereits von Abnahme!

In seinem Bericht am Kammertag am 11. Juni bringt der Präsident, StB Mag. Klaus Hübner, die Entwicklung des Be­rufsstandes sowohl der Steuerberater als auch der Wirt­schaftsprüfer zur Kenntnis, zeigt sich aber von der Abnahme unbeeindruckt und versteht nicht, dass die KSW – gemein­sam mit dem IWP – verpflichtet ist, geeignete Maßnahmen zur Mehrung des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer zu unternehmen!

Diese Haltung der KSW habe ich schon in vielen Leitartikeln im „Der Wirtschaftstreuhänder“ angeprangert – geschehen ist nichts Geeignetes! Alle Maßnahmen – wenn welche gesetzt worden sind – haben nicht dazu geführt, dass man davon aus­gehen kann, dass der Berufsnachwuchs des Wirtschaftsprüfers als gesichert anzusehen wäre.

Ich möchte nun nicht darauf eingehen, ob daran der „WP only“, die KSW als überwiegend steuerberaterlastig, das IWP als priva­ter Verein mit eigenständigen Themata, die sorglose Blindheit des Gesetzgebers bzw. des Aufsichtsministeriums, also des Fi­nanzministeriums, oder andere Gründe verantwortlich sind.

Fakt ist jedenfalls, dass für den Berufsstand des Wirtschaftsprü­fers viel zu wenig bis überhaupt nichts getan wird!

Kann es sonst sein, dass in einem Urteil des BVwG vom 22.02.2018 der Wirtschaftsprüfer als einer angenommen wird, der „… überdies als Erfüllungsgehilfe der Beschwerdeführerin handelte…“ und des Weiteren, dass der Wirtschaftsprüfer seine Maßgaben als „… im Verantwortungsbereich der Geschäfts­leiter…“ angesehen wurde.

Sehr wohl aber ist der WP – wenn schon nicht der KSW – so zumindest den Medien Schlagzeilen wert.

So titelt die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 10. Juli 2018, Seite 21 „Der Wirtschaftsprüfer-Markt zerfällt“:

„Die vier Marktführer eilen davon. Aus zehn Verfolgern im Mit­telfeld sind fünf geworden. Der Rest kämpft ums Überleben.“

In der Die Presse vom 2. August 2018 heißt es „Big Four wer­den immer stärker“:

„Die Big Four, Pwc, KPMG, EY und Deloitte haben zu viel Macht, finden Politiker und wollen dagegen etwas tun. Doch an der Machtkonzentration wird sich nichts ändern.“

Andererseits heißt es in Die Presse vom 13. Juli 2018 „Big Four – Die Zerschlagung“:

„Großbritannien. Die Politik will die Übermacht der vier großen Wirtschaftsprüfer brechen.“

Nicht auf die Inhalte dieser Artikel möchte ich eingehen, son­dern nur aufzeigen, dass den Medien immer nur eine schlechte Schlagzeile über den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer gut ge­nug ist.

Dieser Umstand ist aber Ausfluss der mangelnden Interessens­politik der KSW und IWP und vergleichbaren Institution.

Es hat sich noch niemand Gedanken gemacht, warum im Zu­sammenhang mit dem Berufsstand des Wirtschaftsprüfers über solch eine Schieflage berichtet wird, bzw. was seitens der ge­setzlichen Repräsentation dagegen getan werden könnte.

Das allerdings wäre gesetzesimmanente unmittelbare Aufgabe der KSW, die – wohl wahltaktisch verständlich – sich nahezu ausschließlich um Themen des steuerberatenden Berufsstandes bemüht und somit ihre Obsorge um die Wirtschaftsprüfer ganz einfach unterlässt!

Aber auch Unterlassungen sind Sünden, die zur Verantwortung gezogen werden können. Dafür allerdings ist der Be­rufsstand der Wirtschaftsprüfer zuständig und verantwort­lich!

Leider agieren auch die Fraktionen in der Kammer in dieser Richtung zum Teil überhaupt nicht bzw. unausgegoren.

Dies, obwohl lediglich ÖGSW und AWT ein Koalitionsübereinkommen haben, mit der VWT aber lediglich in einer Art Koope­rationsübereinkunft in der Kammerpolitik verbunden sind.

Wer allerdings sollte die KSW an ihre Verpflichtungen um den Wirtschaftsprüfer mahnen, wer allerdings sollte dies von der KSW einfordern, wenn nicht die Gilde der Wirtschaftsprüfer selbst! Diese sind allerdings offenbar durch andere Interessen, die wohl eine Dissertation wert wären, in sich gefangen und handlungsinaktiv!

Diese Entwicklung und diesen Standpunkt bedaure ich sehr!

WP Alfred Brogyányi, Ehrenpräsident

Mag. Dr. Alfred Brogyányi
Geschäftsführer VWT GmbH,VWT Ehrenpräsident

Manz RDB

Ausgabe WT 2018-04

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