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Zahlungsunfähigkeit – Ein Überblick anhand des neuen Fachgutachtens

Zahlungsunfähigkeit ist der allgemeine – rechtsformunabhängige – Insolvenzeröffnungsgrund. Die KSW hat dazu im Mai 2019 ein neues Fachgutachten veröffentlicht, das vor allem die umfangreiche einschlägige Rechtsprechung systematisch aufbereitet. Der vorliegende Beitrag bietet einen Überblick, kann aber die Lektüre des Fachgutachtens – das auch Beispiele enthält – nicht ersetzen.

Der OGH definiert die Zahlungsunfähigkeit wie folgt: „Nach Rechtsprechung und Lehre liegt Zahlungsunfähigkeit iSd § 66 IO vor, wenn der Schuldner mangels bereiter Zahlungsmittel nicht in der Lage ist, seine fälligen Schulden zu bezahlen[,] und er sich die erforderlichen Zahlungsmittel voraussichtlich auch nicht alsbald verschaffen kann“ (OGH 22.11.2011, 8 Ob 118/11b).

Es geht demnach um einen Vergleich der vorhandenen Zahlungsmittel mit den „fälligen Schulden“, also den aktuellen Zahlungsverpflichtungen; dabei macht es nichts aus, dass die vorhandenen Zahlungsmittel nicht ausreichen, wenn „voraussichtlich … alsbald“ genügend Zahlungsmittel zur Verfügung stehen werden. Gemäß dem ersten Teil der Definition sind in einem Finanzstatus die bereiten Zahlungsmittel und die fälligen Schulden einander gegenüberzustellen; die sich dabei ergebenden Abgrenzungsfragen werden im Abschnitt 2. behandelt. Zeigt der Finanzstatus eine Liquiditätslücke, kommt es darauf an, ob sie voraussichtlich alsbald geschlossen werden kann. Wenn ja, spricht man von einer Zahlungsstockung, und die Zahlungsfähigkeit ist noch gegeben. Wenn nein, liegt Zahlungsunfähigkeit vor.

Von einer bloßen Zahlungsstockung kann ausgegangen werden, wenn entweder die Liquiditätslücke laut Finanzstatus höchstens 5 % der fälligen Schulden beträgt oder – bei Überschreiten der 5 % – das baldige (Wieder-)Erreichen der vollen Zahlungsfähigkeit mit einem Finanzplan dokumentiert werden kann.

Zur Abgrenzung der Zahlungsstockung von der (dauerhaften) Zahlungsunfähigkeit hat der OGH folgende Richtschnur entwickelt (vgl. OGH 19.1.2011, 3 Ob 99/10w): Von einer bloßen Zahlungsstockung kann ausgegangen werden, wenn entweder die Liquiditätslücke laut Finanzstatus höchstens 5 % der fälligen Schulden beträgt oder – bei Überschreiten der 5 % – das baldige (Wieder-)Erreichen der vollen Zahlungsfähigkeit mit einem Finanzplan dokumentiert werden kann. Die sich dabei ergebenden Einzelfragen werden im Abschnitt 3. erörtert.

Abschnitt 4. erklärt die drohende Zahlungsunfähigkeit. Bei deren Vorliegen „kann“ gemäß § 167 Abs. 2 IO auf Antrag des Schuldners ein Sanierungsverfahren eröffnet werden. Abschnitt 5. erörtert die Möglichkeiten und die Pflichten der Unternehmensleitung im Zusammenhang mit der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit und ihr Zusammenspiel mit dem Insolvenzeröffnungsgrund Überschuldung.

Indizien – Thema des Abschnitts 6. – kommt dabei kaum Bedeutung zu. Demgegenüber sind Dritte, die überlegen, ob sie einen Insolvenzantrag stellen sollen, oder abschätzen müssen, ob sie von der Unternehmensleitung veranlasste Zahlungen (noch) annehmen dürfen, auf Indizien angewiesen. In einer ähnlichen Situation befinden sich Gutachter(innen), die den Zeitpunkt des Eintretens der Zahlungsunfähigkeit im Nachhinein ermitteln sollen und keine oder keine ausreichenden Daten vorfinden, um das Vorgehen der Unternehmensleitung nachvollziehen bzw. aus der Ex-ante-Sicht nachbilden zu können.

Fazit: Wer sich im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit nicht vertieft mit den Insolvenzeröffnungsgründen und der Komplexität ihres Zusammenspiels auseinandersetzen möchte, muss – auch wenn dazu keine Verpflichtung besteht – eine fundierte Unternehmensplanung betreiben und sich um das möglichst frühzeitige Wahrnehmen von Krisensignalen bemühen (vgl. dazu den Leitfaden zum Erkennen von Unternehmenskrisen KFS/BW 5).

Univ.-Prof. Mag. Dr. Otto Altenburger, WP/StB
Vorsitzender der Arbeitsgruppe Unternehmenskrisen und -sanierung des Fachsenats für Betriebswirtschaft der KSW

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Ausgabe WT 2019-03

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