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News aus dem Fachjournal "Der Wirtschaftstreuhänder"

Das WT-Fachjournal ist wahrscheinlich das wichtigste Magazin für Wirtschaftreuhänder und Steuerberater in Österreich. Es erscheint fünf Mal im Jahr – herausgegeben von VWT, der Vereinigung Österreichischer Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Anerkannte Fachleute schreiben über neue Entwicklungen und Problemstellungen aus der Branche.

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Nachhaltiges!

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Ich hoffe, dass Sie trotz allen Fristen, Förderungen und Abschlüssen auch im Herbst einige schöne Tage verbracht haben. An denen Sie zum Beispiel die Färbung der Blätter im Wald oder auch im Weingarten im großen Farbspektrum von grün über gelb bis rot genießen konnten.

Gleichzeitig erfuhren wir aus den Nachrichten, dass nach dem kühlen September der wärmste Oktober seit Beginn der Aufzeichnungen der Wetterdaten folgte.

Langsam aber sicher wird allen klar, dass sich unser Klima ändert und wir wärmere Monate über das ganze Jahr erleben werden. Wenn im Winter dann weniger Schnee fallen wird, kann Österreich als eines der wichtigsten Ski-Tourismusländer die wirtschaftlichen Folgen von wärmeren Wintern erfahren.

Das Thema Klimawandel bzw. Nachhaltigkeit ist immer wieder in den Medien, sei es, wenn es um fragwürdige Aktionen an Kunstwerken in großen Museen geht, sei es, wenn ebenso ärgerliche Klebe-Aktionen auf unseren Straßen stattfinden und große Staus provoziert werden. Ich hoffe, Sie sind nicht durch diese Aktionen direkt betroffen gewesen.

Das Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit wird unsere beiden Berufsgruppen der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer aufgrund der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) unmittelbar betreffen. Josef Baumüller hat in der letzten Ausgabe unseres Journals (WT Fachjournal 04-2022, Seite 288 ff) die aktuelle Rechtslage zusammengefasst und die notwendigen weiteren Maßnahmen umrissen. Nach dem aktuellen Stand des Entwurfs der Europäischen Richtlinie werden nicht nur kapitalmarktorientierte Unternehmen und jene Unternehmen, die schon bisher dem NADIVEG unterlagen, den CSRD-Report erstellen müssen, sondern auch große Banken und Versicherungen und in weiterer Folge ab 2026 große Kapitalgesellschaften bzw. kapitalistische Personengesellschaften. Baumüller schreibt dazu, dass ca. 2.000 Unternehmen in Österreich die neuen Bestimmungen befolgen und die Nachhaltigkeitsberichte erstellen müssen.

Diese Nachhaltigkeitsberichte sind daher für unsere beiden Berufsgruppen eine große Chance, denn sowohl in der Beratung als auch in der Prüfung wird in den kommenden Jahren viel Zusatzgeschäft am Markt zu generieren sein. Gewinnen werden jene Kolleginnen und Kollegen, die sich als erstes auf diese Themen setzen und den großen Beratungsbedarf bei der Umstellung des Rechnungswesens und bei den Vorbereitungen der neuen Berichte in den Unternehmen erkannt haben.

Der Nachhaltigkeitsbericht umfasst drei Kategorien, nämlich E - Environmental, S - Social und G - Governmental. In den Abschnitten S und G muss (plakativ gesprochen) über Menschenrechte und u.a. Kinderarbeit berichtet werden. Das sind Punkte, die ich mir in Jahresabschlüssen von Unternehmen in Österreich eigentlich nicht vorstellen kann. Ich meine daher, dass sich in diesen Abschnitten in der Folge Standard-Absätze herausbilden werden, die fast einheitlich von allen Unternehmen verwendet werden. Wir werden daher noch mehr Seiten für einen Jahresabschluss benötigen.

Dazu habe ich kritische Fragen: Welchen Teil des Jahresabschlusses eines großen Unternehmens (nicht unbedingt börsennotiert) lesen Sie als Ersten: Den Anhang mit 15-20 Seiten, bei IFRS-Notes mitunter bis zu 50 und mehr Seiten, den Lagebericht oder den Kennzahlenblock (KPI)? In Zukunft wird im Lagebericht auch noch der Nachhaltigkeitsbericht zu lesen sein, sodass der Zeitbedarf weiter ansteigen wird. Werden wir in Zukunft den Lagebericht mit dem Nachhaltigkeitsbericht als Erstes lesen?

Auch wenn daraus das steuerliche Ergebnis und die Berechnung der Ausschüttung an die Gesellschafter nicht abzuleiten ist? Schmälern wir nicht damit unsere Arbeit bei der Erstellung und Prüfung des Anhangs, wenn wir uns rein auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung konzentrieren werden?

ESG ist sinnvoll, wenn die Unternehmen dazu über die Nachhaltigkeit und die Auswirkung ihrer Produkte und des Produktionsprozesses oder des Ein- und Verkaufs im Großhandel berichten. ESG könnte natürlich auch Einfluss auf die Lieferantenkette haben, so wie es das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes in Deutschland ab 1.1.2023 auf die großen internationalen Unternehmen haben wird.

Ziel dieses Gesetzes ist es, dass die deutschen Unternehmen über die Achtung der Menschenrechte bei ihren Vorlieferanten berichten. Vor allem geht es um die Sozial- und Arbeitsstandards in den Textilproduktionsstätten in Entwicklungsländern in Südostasien bzw. auch China und Indien sowie um Kinderarbeit und die Einhaltung von Umweltstandards.

Wenn über die Standards in den Produktionsstätten dieser Länder berichtet wird, so ist das sicherlich positiv zu werten und führt zu einer erhöhten Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Wenn der Abschlussprüfer aber über die Einhaltung dieser Standards auch ein Testat abgeben muss, so sehe ich die Gefahr, dass die Abschlussprüfer de facto nicht Prüfbares testieren müssen, denn ob eine Produktionsstätte in fernen Ländern an 365 Tagen im Jahr die neuen Standards einhält, kann nur durch ein permanente Vor-Ort-Kontrolle geprüft werden. Sonst kann ich mir gut vorstellen, dass durch Umetikettierungen und parallele Produktion ein und desselben Produkts sowohl in zertifizierten als auch in problematischen Fabriken diese Standards aus Gewinnstreben heraus sehr einfach unterlaufen werden können.

Ich denke, wir könnten es einfacher und besser machen, indem wir die Berichterstattung nach dem KISS-Prinzip (keep it is small and simpel) bewerkstelligen: Ich wünsche mir, dass wir in Österreich eine sogenannte „grüne Seite“ im Lagebericht etablieren, auf der zum Beispiel der Stromverbrauch, der Gasverbrauch im letzten Geschäftsjahr mit dem Vergleich der beiden vorangegangenen Jahre, Details zum Fuhrpark (welche Kraftstoffe, wie viele Elektroautos, welche durchschnittliche Kilometerleistung) und eventuell auch zum Papierverbrauch bei Dienstleistern berichtet wird. Als weiteren Vorschlag könnten wir auch eine Seite mit 10-15 Kennzahlen, sogenannten Key Sustainability Indicators - KSI) vorsehen, die für bestimmte Branchen auch zusätzliche spezifische Kennzahlen umfasst. Mit dieser „grünen Seite“ hätten wir eine anerkannte überbetriebliche Vergleichsbasis und könnten uns langsam an das Thema Nachhaltigkeit im Lagebericht gewöhnen.

Der Vorteil dieser „grünen Seite“ bzw. der KSI wäre, dass sich die Unternehmen innerhalb der Branche gut vergleichen könnten und auch Unternehmen unterschiedlicher Branchen - aber gleicher Größe - sich anhand der Kennzahlen in ihren Aktivitäten zur Nachhaltigkeit messen könnten. Diese „grüne Seite“ wäre sowohl für kleine und mittlere Unternehmen mit einfacherem Rechnungswesen als auch für große Unternehmen mit etabliertem Controlling ein Ansporn, eine positive Entwicklung dieser KSI in den Unternehmen voranzutreiben und dann darüber zu berichten.

Für die bilanzierenden SteuerberaterInnen wäre diese Seite eine einfache, aber spannende Herausforderung in den ersten Jahren. Über Forschung und Entwicklung und über Zweigniederlassungen wird in Lageberichten regelmäßig berichtet, über Umweltaspekte aber nie.

Für die WirtschaftsprüferInnen wäre die grüne Seite eine recht einfache nachvollziehbare Berichterstattung, die wenig technische Expertise benötigt. Kritisch wird es, wenn vom Abschlussprüfer auch die Feststellung verlangt wird, welche Schadstoffe in welchen Mengen aus dem Rauchfang einer Produktionsanlage geblasen werden.

Für diese Art von Feststellungen braucht die Berufsgruppe der WirtschaftsprüferInnen zusätzliche MitarbeiterInnen mit technischer Ausbildung, die diese Angaben nachprüfen können. Oder die WirtschaftsprüferInnen müssen Partnerschaften mit technischen Büros eingehen, damit die Zahlen im CSR-Bericht entsprechend geprüft werden können.

Bei der einfacheren österreichischen Lösung der „grünen Seite“ wäre dies nicht erforderlich. Ich meine, dass der AFRAC daher von vielen Seiten angeregt werden sollte, diese „grüne Seite“ im Wege einer AFRAC-Empfehlung für alle Unternehmen vorzusehen.

Das Thema Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema, das beide Berufsgruppen gleichermaßen beschäftigen wird: Die bilanzierenden SteuerberaterInnen bei der Erstellung des Anhangs und des Lageberichts und den prüfenden Beruf bei der prüferischen Durchsicht oder Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Aber die Nachhaltigkeitsberichterstattung kann noch eine Stufe weiter gehen, wie ich vergangene Woche im Rahmen des Veranlagungsausschusses der KSW erfahren durfte.

Denn Impact Investment bedeutet gemäß Artikel 9 der EU Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR), dass ein Investor zum Beispiel Anleihen oder Anteile von jenen Unternehmen kauft, die in die Fotovoltaik oder in die Windkraft investieren.

Natürlich muss man hier aufpassen, dass man nicht auf Green Washing von nicht allzu nachhaltigen Anteilen und Anleihen hereinfällt. Als negatives Beispiel ist die aktuelle Entwicklung bei Kryptowährungen anführen, wo nach mehreren Betrugsfällen, zuletzt wohl FTX, das Ansehen der einst hochgelobten Kryptowährungen erheblich gelitten und ein so nicht erwarteter Wertverfall eingesetzt hat. Ich hoffe, dass passiert nicht im Bereich der Nachhaltigkeit.

Jedoch gab es im Sommer 2022 Schlagzeilen über die EU-Taxonomie Verordnung, da Frankreich vorgeschlagen hatte, dass auch Strom aus Atomkraftwerken grüner Strom ist. Wir in Österreich sehen das definitiv so nicht! Die EU-Taxonomie-Verordnung wird daher weiterhin ein schwieriges Thema mit viel Diskussionsbedarf sein. Und die Klassifizierung, was nachhaltig ist und was nicht, wird sich in den nächsten Jahren aufgrund unserer Erfahrungen sicherlich stetig weiterentwickeln.

Daher zum Schluss ein persönlicher Vorschlag für impact investment für viele von uns. Investieren wir die Wertpapiere, die wir für die Ausnützung des Gewinnfreibetrags jährlich anschaffen, in Anteile und Anleihen von Unternehmen, die in Fotovoltaik oder in Windkraft investieren.

So können wir einfach und rasch auch impact investment umsetzen, das Thema Nachhaltigkeit persönlich verwerten und einen Anstoß für eine weitere nachhaltige Entwicklung geben.

Schöne Grüße, einen besinnlichen Advent, eine friedliche Weihnacht und Gesundheit, Glück und Erfolg im kommenden Jahr 2023.

Ihr Philipp Rath

Mag. Philipp Rath
Präsident der VWT

Ausgabe WT 2022-05/06

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