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Wahlkampfthema Parteienfinanzierung

Die Parteien und der Gesetzgeber sind eng verflochten, das zeigt sich im Parteienfinanzierungsgesetz. Man will mehr Transparenz signalisieren, sich aber nicht zu genau auf die Finger schauen lassen.

Ibiza hat die Parteien in Sachen Parteiengesetz (PartG) in ein Dilemma gebracht. Zum einen hat das Video die Regierung gesprengt. Das heißt, Wähler und Wählerinnen werden zu den Urnen gerufen, die Parteien müssen wieder um sie werben. Das kostet Geld, wobei die Kassen der Parteien noch leer sind, da zuletzt doch gerade vor zwei Jahren gewählt wurde und bis „Ibiza“ niemand mit einer vorzeitigen Wahl gerechnet hat.

Zum anderen war gerade die verdeckte Parteienfinanzierung eines der großen Themen des Ibiza-Videos. Damit sehen sich die Parteien in der Pflicht, sich den Wählerinnen und Wählern als Musterschüler zu präsentieren und zugleich die offensichtlichen Schlupflöcher der Parteienfinanzierung zu schließen – das wohlgemerkt in Zeiten erhöhten Finanzierungsbedarfs.

In der aktuellen Debatte rund um das PartG 2012 stehen unserer Meinung nach vor allem zwei Themen im Fokus der Öffentlichkeit: die Höhe und Art der Parteispenden einerseits, die Möglichkeit der verdeckten Finanzierung über Vereine andererseits – wobei die Themen in engem Zusammenhang stehen.

Dem gegenüber steht das PartG aus 2012. Auch damals wollte sich der Gesetzgeber als Musterschüler präsentieren und dennoch seinen dahinterliegenden Parteien die Finanzierung nicht zu sehr erschweren. Dementsprechend wurde ein zahnloses Gesetz verabschiedet, auf dem die nun angesprochenen Neuerungen aufsetzen sollen.

Die VWT – Vereinigung österreichischer Steuerberater und Wirtschaftsprüfer – hat acht Punkte für eine Reform des Parteiengesetz 2012 zusammengestellt, mit Ziel einer klareren Aufgabenverteilung zwischen den zu prüfenden Parteien, den beauftragten Wirtschaftsprüfer und dem verfahrensführenden Rechnungshof. Damit soll mehr Transparenz in die finanzielle Gebarung der Parteien gebracht werden.

Die Wirtschaftsprüfer sind in den Prüfungsprozess konkret eingebunden. Jede Parlamentspartei ist aufgefordert, ihren Rechenschaftsbericht im Frühjahr (zumeist im Mai oder Juni) an die beiden für jeweils fünf Jahre bestellten Wirtschaftsprüfer zu übergeben. Diese haben dann bis Ende September Zeit,  den Rechenschaftsbericht zu prüfen. Am 30. September haben jene Parteien, die zu bundes- oder landesweiten Wahlen antreten, ihren Rechenschaftsbericht beim Rechnungshof abzugeben. Die Prüfung kann nur unter den vorgegebenen Bedingungen des PartG in begrenztem Rahmen erfolgen.

Ziel sollte es sein, mit der Prüfung mehr Transparenz in die finanzielle Gebarung der Parteien zu bringen. Um das zu ermöglichen, hat die Vereinigung österreichischer Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (VWT) nun acht Punkte zusammengestellt, die es den betrauten Wirtschaftsprüfern ermöglichen sollen, mit der gewünschten Sorgfalt untersuchen zu können. Das Ergebnis würde zugleich die notwendige und von der Öffentlichkeit gewünschte Transparenz gegenüber den Wählern gewährleisten.

1. Angemessene Darstellung im Rechenschaftsbericht

Basis für die Prüfung der Parteifinanzen ist der Rechenschaftsbericht. Die Darstellung im Rechenschaftsbericht folgt einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung in einem speziellen Format und orientiert sich an einer Gewinn- und-Verlust-Rechnung. Der „sogenannte Rechenschaftsbericht“ enthält keine Bilanz oder Vermögensübersicht. Hintergrund dieser ungewöhnlichen Darstellung ist die Sorge der Parteien, dass die Finanzierung und die Vermögenslage umfassend dargestellt werden. So sind im Rechenschaftsbericht einzelne Zahlungen zur Kreditaufnahme und zur Tilgung dargestellt (so z. B. bei der ÖVP 2017 die Kreditaufnahme von 15 Mio. EUR) , während andere Zahlungen wie etwa der Abbau eines Bankguthabens (nicht aber die Rückzahlungen eines Kredits) laut den Definitionen des PartG nicht angeführt werden. Damit ist der Rechenschaftsbericht  unvollständig und erreicht nicht die Übersicht einer doppelten Buchhaltung. „Jede GmbH in Österreich bilanziert transparenter als die Parteien, bekommt aber keine öffentlichen Mittel“, so Mag. Philipp Rath, Präsident der VWT.

Aus Sicht der Wirtschaftsprüfer haben die großen Einheiten der Parteien (das sind Bundes – und Landesorganisationen) auf eine vollständige Buchhaltung und einen Jahresabschluss mit Bilanz und Gewinn-und-Verlust-Rechnung umzustellen. Für kleine Einheiten wie Ortsgruppen oder Bezirksorganisationen sollte jedoch die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung beibehalten werden, da hier überwiegend Freiwillige nur kleine Beträge verwalten.

2. Konsolidierter Abschluss für jede Parlamentspartei

Ein weiterer Vorschlag ist die Einrichtung eines konsolidierten Abschlusses jeder im Nationalrat vertretenen Partei durch die Zusammenfassung aller Landesorganisationen und der Bundesorganisation zu einem Abschluss. Innenumsätze und Forderungen sowie Verbindlichkeiten zwischen den Organisationen sind demnach zu bereinigen. Nur mit einem konsolidierten Abschluss kann die wahre Größe der Parteien in Österreich dargestellt werden, auch unter Angabe der Anzahl der Beschäftigten in Summe und in den Teilorganisationen. „Der Umfang der Finanzierung der Parteien durch öffentliche Gelder und private Spenden wäre mit einem konsolidierten Abschluss auch wesentlich transparenter. Genau genommen kann sich der Steuerzahler diese Art der Darstellung von den Parteien erwarten“, fordert Philipp Rath vom VWT.

3. Klarer Ausweis der Wahlwerbekosten

Ein weiteres Thema, in den Medien relativ stark vertreten, ist die Beschränkung und der Ausweis der Wahlwerbungskosten.

Diese sind auf 7 Mio. Euro begrenzt. Allerdings besteht hier Unklarheit, welche Wahlen (z. B. auch Gemeinderatswahlen) von der Deckung der Wahlwerbungskosten erfasst sind. Zudem können bei Wahlen im Frühjahr die Wahlwerbungskosten auf zwei Kalenderjahre aufgeteilt werden.

Mehr Klarheit würde es schaffen, wenn die Wahlkampfkosten grundsätzlich erst im Jahr der Wahl vollständig (d. h. jahresübergreifend ab Beginn des Wahlkampfs und Festlegung der Wählerlisten) zu berichten wären. Die nächste Wahl im Burgenland im Jänner 2020 ist zum Beispiel eine, bei der die Kosten auf die Jahre 2019 und 2020 aufgeteilt werden könnten. Die Obergrenze sollte für Wahlen zum Nationalrat und zu den Landtagen (inklusive Wien) gelten. Wahlen zum Gemeinderat und zu Bezirksvertretungen in Wien sollen von der Obergrenze nicht erfasst werden. Die Vermischung von Wahlen und damit auch der damit verbundenen Wahlkampfkosten durch Zusammenlegung von Wahlterminen sollte in Zukunft nicht mehr möglich sein.

4. Klarer Ausweis von Parteien nahestehenden Unternehmen und Personen

Die Liste der nahestehenden Personen und Beteiligungsunternehmen ist ein Teil des Rechenschaftsberichts. Die Personen und die von der Partei abhängigen Unternehmen und Organisationen müssen im Rechenschaftsbericht angegeben werden. Aufgrund der Ähnlichkeit der Bezeichnungen von mehreren Gesellschaften und der oftmaligen Verwendung von Kurzbezeichnungen für Unternehmen wird die Verwechslungsgefahr bewusst oder unbewusst erhöht. Dementsprechend verlangte der Rechnungshof auch die Angabe der Firmenbuchnummer. Bei Vereinen sollte die Vereinsregisternummer ergänzt werden, um Verwechslungen zu verhindern. 

Zudem sollten die in der Praxis oft verwendeten Standards wie der internationale Rechnungslegungsstandard IAS 24 (Related Parties ) oder der österreichische Rechnungslegungsstandard AFRAC-Stellungnahme 10 (Nahestehende Unternehmen und Personen), die beide die Angaben zu den Geschäften mit nahestehenden Personen und Unternehmen in den Jahresabschlüssen von Unternehmen definieren und verlangen, angewendet werden. Das PartG sollte dieser Ansicht folgen, damit auch Personen, die als Geschäftsführer (mehrfach) in parteinahen Organisationen tätig sind, angeführt werden. Mehr Transparenz und Eindeutigkeit wären dadurch – auch in Anlehnung an die aktuelle Diskussion – erreichbar..

5. Leistungen Dritter sind als Sachspenden zu werten

Die aktuelle Diskussion zeigt, dass bei Ausgaben der Parteien für Wahlen auch Kostenübernahmen durch Dritte möglich sind, beispielsweise dass Drucksorten sowohl von der Partei als auch ergänzend von einem der Partei nahestehenden Verein bezahlt werden. Nach Ansicht des Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senats (UPTS) und des Rechnungshofes sind diese Leistungen Dritter als Sachspenden zu werten und im Rechenschaftsbericht aufzulisten.

Dieser Sichtweise sollte im PartG vertreten werden, zugleich sollte die Wertgrenze für Spenden dieser Art (derzeit 3.500 EUR) eventuell angepasst werden. Diese Regelung muss so gestaltet sein, dass sie im Rahmen der Prüfung der Parteien „prüfbar“ ist und nicht der Suche einer „Stecknadel im Heuhaufen“ gleicht. Denn ob ein Lieferant nur teilweise von der Partei und zudem von dritter Seite bezahlt wird, kann nur durch Kontrolle auch der dritten Seite vollständig ausgeforscht werden. „Unserer Ansicht nach sollte sich der Rechnungshof auf die Prüfung dieser Angaben konzentrieren, da er per Gesetz Einsicht in das Rechnungswesen all jener Unternehmen und Organisationen hat, die zu mehr als 50 Prozent im Eigentum der Öffentlichen Hand stehen“, so der Präsident des VWT.

6. Klare Abgrenzung der Parteien von ihren Parteiakademien

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Abgrenzung der Parteien von ihren Parteiakademien gemäß Publizistik-Förderungsgesetz (PubFG) sowie von den Klubs der Parteien im Nationalrat und in den Landtagen. Der Rechnungshof hat am 18. Juli 2019 die Prüfberichte zu den Parteiakademien veröffentlicht und fasst dabei bis zu sechs Jahre zusammen. Eine zeitnähere, vergleichende Prüfung durch den Rechnungshof erscheint uns sinnvoller.

Die Parlamentsklubs werden zur Zeit weder von einem Wirtschaftsprüfer noch vom Rechnungshof kontrolliert. Da die Klubs ausschließlich von öffentlichen Geldern gespeist werden, ist unseres Erachtens eine Prüfung der Klubs notwendig. Die Parteien haben sich seit dem PartG 1975 gegen eine Einschau des Rechnungshofes in die Partei- und Klubfinanzen gewehrt und werden das – auch wenn öffentliche Gelder in großem Stil verbraucht werden – leider weiterhin tun. Soweit ist die politische Realität in Österreich anzuerkennen. „Will man wirkliche Transparenz schaffen, muss es hier eine klare Abgrenzung zu den Parteien geben, ebenso müssten sich die Parlamentsklubs einer eigenen Prüfung unterziehen“, unterstreicht Philipp Rath die Sicht des VWT.

7. Verkürzung des zeitlichen Ablaufes der Parteienprüfung

Wichtig wäre auch die Anpassung des zeitlichen Ablaufes der Parteienprüfung. Die Revision des Rechenschaftsberichts erfolgte in den vergangenen fünf Jahren zumeist im zweiten und dritten Quartal und musste am 30. September mit der Übergabe an den Rechnungshof abgeschlossen sein. Dieser hat anschließend mehrere Monate recherchiert, die Berichte mit Daten Dritter verglichen und die Rechenschaftsberichte erst im Folgejahr online publiziert –also erst circa 15 Monate nach Ende des Kalenderjahres. So wurden die Rechenschaftsberichte für 2017 im Juni 2019 veröffentlicht.

Zur Verkürzung der Gesamtfrist sollte die erste Prüfungsfrist vom 30. September auf den 30. Juni vorgezogen werden. Der Rechnungshof hat dann bis spätestens Ende Oktober die weitere Prüfung der Rechenschaftsberichte abzuschließen und mit Anfang November online zu stellen. So kann die politische Diskussion der Berichte zeitnah noch im Folgejahr beendet werden.

8. Gesetzeskonforme Bestellung von Sachverständigen

Die aktuelle Novelle des Parteiengesetz 2012, die aufgrund des Ibiza-Video von mehreren Parlamentsparteien veranlaßt und vor dem Sommerpause im Nationalrat beschlossen wurde, bestimmt nun, dass der unabhängige Parteien-Transparenz-Senat (UPTS) drei Sachverständige zur

(1) begleitenden Analyse der Aufwendungen für Wahlkämpfe und zur 
(2) Kontrolle der Wahlwerbungsausgaben sowie der
(3) Wahlwerbungsberichte beruft. 

Die drei Sachverständige sollen aus dem Bereich der Transparenz- und Kampagnenforschung, aus dem Gebiet der Medienwesens sowie aus dem Kreis von Wirtschaftsprüfern stammen und haben die Wahlkämpfe der wahlwerbenden Parteien zu analysieren und jeweils in einem Gutachten die Plausibilität der Einhaltung der Beschränkungen der Wahlwerbungsausgaben beurteilen.

Der UPTS hat Ende Juli eine Ausschreibung der Sachverständigen eingeleitet und diese Mitte August nach einem nicht weiter offengelegten Verfahren bestimmt. Zur Überraschung der sieben Wirtschaftsprüfer, die sich für die Sachverständigen-Funktion beworben haben, wurde ein Universitätsprofessor bestellt, der nicht in der Mitgliederliste der KSW aufscheint, und damit kein Wirtschaftsprüfer ist. Er ist Gerichtssachverständiger für Wirtschaftsprüfung. Ohne die Qualifikation des Berufenen zu bewerten ist nur festzustellen, dass der neue § 11a PartG mit der Formulierung „aus dem Kreis von Wirtschaftsprüfer“ unserer Einschätzung nach vom UPTS nicht eingehalten wurde. Die Ruck-Zuck-Novelle 2019 beginnt gleich mit einer „Fehlinterpretation des Gesetzes“.

 

Das Ibiza-Video hat die Diskussion zur Parteienfinanzierung um einige Themen erweitert. Im Fokus stehen seither wie gesagt die verdeckte Finanzierung über nahestehende Vereine sowie die Höhe der Parteispenden.

Wie bereits weiter oben ausgeführt, sind die Mittel der Prüfung begrenzt – fehlende vollständige Bilanzierung, Sachspenden durch „unbekannte“ Dritte. Es ist deshalb nicht unwahrscheinlich, dass auch hier neue Schlupflöcher gefunden werden könnten.

In der Nationalratssitzung wurde die Annahme von Parteispenden begrenzt. Generell darf eine Partei nicht mehr als 750.000 EUR pro Jahr an Spenden annehmen und nicht mehr als 7.500 EUR pro Jahr von einem Spendengeber.

Mit dieser Regelung könnten sich zwei Probleme auftun. Aufgrund der erwähnten begrenzten Kontrollmöglichkeiten durch Wirtschaftsprüfer und Rechnungshof könnten die Parteien auch in Zukunft Mittel und Wege finden, dass das Geld von Großspendern über verschiedene Kanäle angenommen werden kann. Sollte dies der Fall sein, dann verhindert das neue Gesetz geradezu die gewünschte Transparenz, um die Lobbyisten, die Einfluss auf die Politik nehmen wollen, ausfindig und namhaft zu machen.

Sollte es wider Erwarten nicht gelingen diese Regel zu umgehen, werden wohl die Steuerzahler in irgendeiner Form dafür aufkommen müssen, dass diese Finanzierungslücke geschlossen wird – da es nicht zu erwarten sein wird, dass die Parteien ihre Wahlkampfkosten erheblich reduzieren werden. Und die „Vergemeinschaftung“ der Wahlkampfkosten kann nicht im Sinne der Steuerzahler sein, und wenn, dann dürfen sie sich die gebotene Transparenz erwarten, die wir als Wirtschaftsprüfer auch gerne mit einer Prüfung, die der gebotenen Sorgfaltspflicht unterliegt, sicherstellen.

„Die neue Begrenzung der Spenden im Wahlkampf pro Spender und pro Partei ist mit der weiterhin unvollständigen Bilanzierung und den fehlenden Angaben zu nahestehenden Personen einfach nur Stückwerk. Das grundsätzliche Problem der unvollständigen Darstellung im Rechenschaftsbericht wurde nicht adressiert, sondern den Wählerinnen und Wählern werden durch Populismus Scheinlösungen präsentiert“, sagt Mag. Philipp Rath, Präsident des VWT – Vereinigung der Wirtschaftstreuhänder.

Mag. Philipp Rath
Präsident der VWT