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Das zweite Gebot im Finanzstrafrecht. Die Verjährung – „Game Over“!
Die Verjährung ist ein wichtiger Eckpfeiler, das heißt ein unabdingbares „Must-know“, der immer wieder zu Fehlern führt.
Das Spezielle am Finanzstrafrecht ist der Umstand, dass es als Blankettstrafnorm abgabenrechtlicher Sachverhalte bedarf, welche in den jeweiligen Tatbestand hineingelesen werden müssen. Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass abgabenrechtlichen Sachverhalte aber einem eigenen – völlig unterschiedlichen – Verjährungsregime als dem des FinStrG unterliegen. Und jetzt beginnt das „Warum“. Bei Beurteilung einer finanzstrafrechtlichen oder abgabenrechtlichen Maßnahme sind im Hinblick auf die Verjährung immer „zwei Brillen“ aufzusetzen. Denn: Ein – abgabenrechtlich und finanzstrafrechtlich relevanter – Sachverhalt kann abgabenrechtlich, aber nicht finanzstrafrechtlich verjährt sein – und umgekehrt. Die Prüfung der Verjährung sollte daher in einem Fallprüfungsschema ganz oben stehen.
Ein Sachverhalt kann abgabenrechtlich, aber nicht finanzstrafrechtlich verjährt sein – und umgekehrt. Die Prüfung der Verjährung sollte daher in einem Fallprüfungsschema ganz oben stehen.
Zu den Verjährungsfristen im Einzelnen: Die relative Verjährungsfrist beträgt im Finanzstrafrecht gemäß § 31 Abs. 2 FinStrG für Finanzordnungswidrigkeiten (FO) nach den §§ 49 bis 49d drei Jahre, für andere FOs ein Jahr und für die übrigen Finanzvergehen, zum Beispiel für USt, KÖSt, ESt und KESt, fünf Jahre. Die Verjährungsfrist im Abgabenrecht beträgt gemäß § 207 Abs. 2 BAO – bei den oben genannten Abgabenarten – grundsätzlich fünf Jahre, sofern eine Abgabe hinterzogen ist, jedoch zehn Jahre.
Und dann gibt es da noch die Besonderheiten bei den relativen Verjährungsfristen im Finanzstrafrecht. Diese werden insoweit verlängert, als in § 31 Abs. 3 FinStrG eine Ablauf- und in § 31 Abs. 4 FinStrG eine Fortlaufhemmung vorgesehen ist. § 31 Abs. 3 FinStrG sieht zB insoweit eine Verlängerung von (grob) fahrlässigen oder vorsätzlich begangenen Finanzvergehen vor, wenn während deren Verjährung ein vorsätzliches Finanzvergehen (auch FO) begangen wird („Zug-Waggon-Prinzip“ unter Beachtung der absoluten Verjährungsfristen des § 31 Abs 5 FinStrG). Soweit ein Auszug aus den Verjährungsfristen, die sich im Detail komplexer gestalten und je nach Fall geprüft werden müssen.
Das Wechselspiel zwischen FinStrG und BAO im Bereich des Verjährungsrechtes nimmt daher eine zentrale Rolle bei der strategischen Vorgangsweise von finanzstrafrechtlich relevanten Sachverhalten ein. Insbesondere – als ein Beispiel von vielen – bei der Beurteilung der Erstattung einer Selbstanzeige wird man sich daher die Fragen stellen müssen, für welchen Zeitraum, für welche Täter und für welche Delikte in Anbetracht der unterschiedlichen Verjährungsregime eine solche sinnvoll und zielführend ist.
Dr. Christian Eberl, Rechtsanwalt
Fachkanzlei für Finanzstrafrecht