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Der Kommissionsvorschlag zur Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)

Das Thema „Nachhaltigkeit“ wird in der Unternehmensberichterstattung immer wichtiger. Das soll bei den Unternehmen wie auch am Finanzmarkt ein neues Bewusstsein schaffen. Die EU-Kommission hat im Frühjahr 2021 einen Richtlinien-Vorschlag zum zukünftigen „Corporate Sustainability Reporting“ in der EU veröffentlicht. Was ändert sich für die Unternehmen und was für die Wirtschaftsprüfer:innen?

Mit der sogenannten NFI-Richtlinie (2014/95/EU) wurde die Unternehmensberichterstattung über nachhaltigkeitsbezogene Informationen auf eine verpflichtende und unionsweit harmonisierte Basis gestellt. Seit der erstmaligen Vorlage der geforderten nichtfinanziellen Berichterstattungen zum Geschäftsjahr 2017 lässt sich eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Berichtspraktiken feststellen. Zugleich wird als Treiber dieser Entwicklung vonseiten der Investoren und der weiteren Kapitalmarktakteure zunehmend Augenmerk auf die Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen gelegt. Inzwischen scheint das Thema der Nachhaltigkeit aus der Unternehmenspraxis jedenfalls nicht mehr wegzudenken und zunehmend auch mit konkreten wirtschaftlichen Implikationen verbunden zu sein.

Damit wird auch der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer:innen in einem zunehmenden Maße aufgefordert, eine aktive Rolle in den gegenwärtigen Entwicklungen einzunehmen.

Mit einer dergestalt erweiterten Unternehmensberichterstattung sollen die Entscheidungsgrundlagen für die Finanzmarktakteure geschaffen werden, Nachhaltigkeitskriterien adäquat zu berücksichtigen. Dies soll in der Folge Anreize für Unternehmen setzen, nachhaltigere Wirtschaftsaktivitäten zu verfolgen. Der mit der NFI-Richtlinie geschaffene Normenrahmen hat sich hierfür jedoch nur unzulänglich bewährt – und wurde zunehmend als reformbedürftig identifiziert. In der Folge enthielt bereits die Verlautbarung zum Green (New) Deal die Zielsetzung, eine Überarbeitung dieser Richtlinie in Angriff zu nehmen. Nach einer umfangreichen Konsultation zur NFI-Richtlinie, die im Februar 2020 startete, begannen die inhaltlichen Arbeiten an dem Überarbeitungsprojekt; neben der zuständigen Generaldirektion wurde darin auch das European Lab @ EFRAG eingebunden, welches mit Vorarbeiten zu neuen europäischen Standards für die nichtfinanzielle Berichterstattung beauftragt wurde. Und nachdem Letzteres im März 2021 seinen Projektendbericht veröffentlichte, konnte die EU-Kommission kurz darauf im April ihren Vorschlag für eine neue Richtlinie publizieren, welche die bisher noch geltende NFI-Richtlinie ablösen soll: die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD).

Das Kommissionsvorhaben ist ein ambitioniertes, in zeitlicher wie in inhaltlicher Hinsicht: Inhaltlich werden in wesentlichem Maße erweiterte Anforderungen an die Berichterstattung von Unternehmen gestellt – und darüber hinaus an die Rollenprofile der Leitungs- und Aufsichtsorgane, an die internen Prozesse und verfolgten Strategien. Doch auch der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer:innen wird in die Pflicht genommen, indem einerseits eine verpflichtende externe Prüfung der aufgestellten Berichte verlangt wird, andererseits aber dafür umfangreiche Anforderungen an die Prüfungsdurchführung und diesbezügliche Weiterentwicklung des Kompetenzprofils von Wirtschaftsprüfer:innen gestellt werden. In zeitlicher Hinsicht ist der Druck dabei beachtlich: Obwohl die Verabschiedung der endgültigen Fassung der CSRD erst zur Jahresmitte 2022 eingeplant ist, sollen ihre Bestimmungen zumindest z.T. bereits ab dem Geschäftsjahr 2023 zu berücksichtigen sein.

Der Kommissionsvorschlag zur CSRD, der im April 2021 vorgelegt wurde, soll nicht nur die Transparenz von Unternehmen in puncto ihrer Nachhaltigkeit nach außen hin erhöhen – er greift tief in die Berichts- und damit Steuerungslogiken von Unternehmen ein und erstreckt ihre Relevanz bis in den Bereich mittelständischer Unternehmen. Damit wird auch der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer:innen in zunehmendem Maße aufgefordert, eine aktive Rolle in den gegenwärtigen Entwicklungen einzunehmen. Die EU-Kommission hat sich einen ambitionierten Zeitplan zum Ziel gesetzt, der es nicht erlaubt, mit den notwendigen Vorbereitungsschritten bis zum Vorliegen der endgültigen Fassung der CSRD zu warten. Der Anpassungsbedarf in den Prozessen und Systemen sowie der Recruiting- und Schulungsbedarf scheinen so beträchtlich, dass bereits heute Annahmen getroffen und Maßnahmen identifiziert werden müssen, um die – noch in ausreichendem Maße – vorhandene Zeit sinnvoll zu nützen.

Währenddessen wird der Reformeifer der EU-Kommission freilich unverändert voranschreiten. Bereits im Februar 2022 wurden Ergebnisse der Sustainable-Corporate- Governance-Initiative veröffentlicht, die weitere Lückenschlüsse im nachhaltigkeitsrelevanten Normenrahmen anstrebt: Themen wie die Transparenz und Verantwortung entlang der Lieferkette werden ebenso aufgegriffen wie die weitere Integration von Nachhaltigkeit in alle Unternehmensentscheidungen.

Doch so sinnvoll jede dieser Stoßrichtungen für sich genommen auch sein mag: Mit der zunehmenden Regulierungsdichte wächst das Gefühl einer Überforderung aller involvierten Parteien. Das bisherige Vorgehen der EU-Kommission lässt kaum mit diesbezüglichen Zugeständnissen im weiteren Entwicklungsprozess der CSRD rechnen. Die Zeichen der Zeit zu erkennen und rechtzeitig die richtigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen – selten schien dies für Unternehmen und ihre Prüfer:innen so wichtig wie in den gegenwärtigen Umbrüchen.
 

Mag. (FH) Josef Baumüller
Mitarbeiter an der WU Wien

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Ausgabe WT 2021-04

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